Fachartikel-Rezension zur Wirksamkeit der IS-TDP

In der Fachzeitschrift „Psychotherapeut“ des Springer Verlages wurde im Juli 2016 die deutsche Übersetzung eines Artikels von Robert Johansson, Joel M. Town und Allan Abbass über die IS-TDP veröffentlicht: Davanloos Intensive Psychodynamische Kurzzeittherapie. Wirksamkeit der Therapiemethode und Zusammenhang zwischen Erschließen des Unbewussten und Therapieergebnis.

Erfreulich ist, dass diesem effektiven Verfahren in einer deutschsprachigen Fachzeitschrift Beachtung und Raum für Veröffentlichung gegeben wird. Unbefriedigend bleibt leider die Qualität der Forschung, der sich Johanssons Artikel widmet.

Die Studie wurde im „Centre for Emotions and Health“ in Halifax, Nova Scotia, Kanada durchgeführt. Sie zentriert sich um einen Experten, dessen Kompetenz durch eine hohe Zahl an Ausbildungsstunden belegt wird, dessen Name aber ungenannt bleibt. Dieser Experte hat nicht nur 115 der Therapien selber durchgeführt, sondern er hat auch die anderen beteiligten Therapeuten supervidiert und sämtliche audiovisuellen Aufnahmen der Therapiesitzungen selbst codiert. Bei der Auswertung wurde festgestellt, dass die Therapien des Experten die besten Resultate hatten. Eine Verzerrung der Wahrnehmung und der Ergebnisse (Bias) ist bei einer solchen Anordnung unvermeidbar.

Von 1010 für die Studie vorgeschlagenen Patienten wurden 500 Patienten in die Studie aufgenommen. Nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgt ist, bleibt offen. Von diesen 500 Patienten erhielten 88 Patienten nur eine Probestunde und mussten deshalb auch ausgeschlossen werden. Insgesamt umfasst die Studie 412 Patienten. Von diesen erhielten weitere 118 Patienten nur eine einzige Folgebehandlung. Die Autoren schreiben, dass über die Abbruchquote Unklarheit herrscht. Für einen hohen Anteil der 412 Patienten, fast die Hälfte, fehlen die Schlussbeurteilungen.

Inhaltlich ergibt sich für den interessierten Leser, der mit diesem Verfahren nicht vertraut ist, keine schlüssige Vorstellung über den Ablauf einer IS-TDP Therapiesitzung und über die zugrunde liegende Metapsychologie.

Nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für IS-TDP nach Davanloo beruht die Wirksamkeit der IS-TDP auf einem hohen Anstieg der Übertragungskomponente des Widerstands (TCR) und dem Durchbruch unbewusster mörderischer Wut auf den Therapeuten. Es erfolgt ein Transfer (pincement les images) auf eine frühere Bezugsperson, das damit einher gehende Erleben unbewusster Schuldgefühle steht als ausschlaggebender heilender Faktor im Mittelpunkt (Erschließen des Unbewussten). Diese Sequenz findet, zusammen mit einer anschließenden gemeinsamen Analyse der Sitzung, in jeder Therapiesitzung statt bei einer Therapiedauer von üblicherweise 20 bis 50 Sitzungen. Johanssons Studie spricht einerseits zwar von „Widerständen“, sowie von „komplexen Übertragungsgefühlen“, aber dann nur noch vage von „Emotionen“, die im „Durchbruch ins Unbewusste“ gegenüber dem Therapeuten erlebt werden, und dass vom Patienten damit traumatische Erinnerungen und schmerzliche Gefühle verbunden werden – der Schluss liegt nahe, dass es sich um ein Aufbrechen von Trauergefühlen handeln könnte (und eben nicht um ein Erleben von unbewussten Schuldgefühlen), wobei eine regressive Abwehr nicht ausgeschlossen werden kann. Eine sichere Aussage ließe sich nur durch eine Prüfung des audiovisuellen Materials treffen.

In Johanssons Artikel wird nur für insgesamt 153 Patienten beschrieben, dass ein von dem Experten als „Durchbruch ins Unbewusste“ beurteilter Vorgang stattgefunden habe – und das teilweise auch nur ein einziges Mal während der Therapie, bei einer durchschnittlichen Therapiedauer von 10 Sitzungen. TCR, mörderische Wut und vor allem Schuldgefühle, die einen Durchbruch ins Unbewusste nach Davanloo charakterisieren, werden nicht beschrieben.

Daraus ergibt sich die Frage, ob in dieser Studie überhaupt die IS-TDP nach Davanloo beforscht worden ist – oder ob es sich um eine von den Autoren oder dem Experten selbst entwickelte Variante handelt. Klarheit ergäbe sich durch die Sichtung und Codierung des audiovisuellen Materials durch unabhängige Therapeuten.

Da durch die Psychotherapie- Forschung bereits nachgewiesen ist, dass eine Therapie, die Gefühle einbezieht, positive Resultate erzielt, könnten die statistisch positiven Ergebnisse der Studie auf diese Faktoren zurück zu führen sein. Auch diese offene Frage kann nicht geklärt werden, da zum Vergleich eine Kontrollgruppe fehlt, bei der ein anderes Therapieverfahren angewandt wurde.

Es ist für die Zukunft zu wünschen, dass die Intensive Psychodynamische Kurzzeittherapie nach Davanloo qualifiziert wissenschaftlich untersucht wird, damit sie die ihr angemessene Würdigung in der Fachwelt erfährt.

Hier finden Sie den Originalartikel in Englisch.