38th International Audiovisual Symposium on the Science of the Metapsychology of the Unconscious: Davanloo`s Technique of the total Removal of the Resistance and Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy, Montreal, Canada, Oktober 2017, Kommentar von Ursula Sporer

Dr. Davanloo`s „Search for the Resistance“ und seine besondere Aufmerksamkeit konzentriert sich seit Jahren auf die multidimensionale, generationenübergreifende Übertragungsneurose. Für mich war es wieder einmal eindrücklich, mit welcher Akribie er die audiovisuellen Aufnahmen von Therapiesequenzen sichtet und analysiert und nach Antworten sucht. Sinngemäß hat sich mir folgende Äußerung eingeprägt: „Wenn sich eine Frage auftut, dann kann ich nicht anders, ich muss unablässig in den Aufnahmen nach einer Antwort suchen, und wenn es Stunden und Tage dauert.“

Davanloo`s Art, für sich selber und für die Anwesenden ein Verstehen zu erarbeiten und Antworten zu suchen, prägte den Verlauf des Symposiums. Videosequenzen alter Aufnahmen aus seinen Anfängen in den 60er Jahren und Videosequenzen aus dem aktuellen Closed-Circuit-Workshop Programm wurden nebeneinander gestellt. Das ermöglichte Vergleiche über den Anstieg der Übertragungskomponente des Widerstands (Transference Component of Resistence, TCR), über die Struktur der unbewussten Abwehrorganisation (Unconscious Defensive Organisation, UDO) und über die Qualität von unbewusster Wut beim Durchbruch (Murderous Rage oder Sadistic Murderous Rage).

Bei diesen Präsentationen scheint immer wieder auf, dass es jenseits der schon gut bekannten alten Videoaufnahmen noch eine Vielzahl älterer Aufnahmen von anderen Patienten gibt, und damit entsteht immer wieder der neugierige Wunsch, auch diese anderen Patienten sehen zu können. Obwohl auch ich viele der gezeigten Aufnahmen wiedererkannt habe, ist es mir dieses Mal erst klar geworden, dass Davanloo das Prinzip, die allgemein gültige Regel hinter den sichtbaren Phänomenen sucht. Dazu braucht er nicht unzählige verschiedene Prozessveräufe zu sichten, sondern er konzentriert sich auf das genaue Analysieren einiger typischer und zentraler Sequenzen – betreffend TCR, Abwehrstruktur und  Ausmass der Primitivität der Wut – und auf den Vergleich mit den neuen Aufnahmen aus dem Workshop Programm.

Wichtig für mich persönlich war, mehr über die unbewusste Abwehrorganisation zu lernen, wie sich eine gesunde Abwehr im Kontakt mit dem Therapeuten darstellt und wie sich im Gegensatz dazu eine beschädigte Abwehr (impairment) zeigt, mit dem Leitphänomen der projektiven Angst, das immer beim Vorhandensein einer Übertragungsneurose vorliegt. Da tut sich natürlich anschließend die Frage auf, wie dieses Impairment beseitigt werden kann und wie ich den dafür extrem hohen Anstieg von TCR in meiner Praxis erreichen könnte.

Sehr hilfreich für mich in diesen Fragen waren auch die Präsentationen von drei Kolleginnen: Angela Schmitt, Irene Ostertag und Atessa Firouz-Petermann, die als Kontrastdarstellungen gesehen werden können. Die Präsentation von Angela Schmitt über ihre Arbeit mit einer 17-jährigen anorektischen Patientin kannte ich schon, sowohl von unserer Jahrestagung in Berlin als auch aus unserem Bonner Weiterbildungskurs. Der Fokus in Berlin und in Bonn, mit dem Studium mehrerer Sitzungsanfänge im Therapieverlauf, war auf dem Herbeiführen und Erkennen von Strukturveränderungen gelegen. Damals ist mir ein Licht aufgegangen, wie Strukturveränderungen sichtbar werden.

Der Fokus in Montreal lag auf der Frage, wie sich ein heftiger Durchbruch unbewusster Wut (SMR in diesem Fall) mit Sicherheit von einem explosiven Ventilphänomen (explosive discharge of affect) abgrenzen lässt – das heißt, wie sich pänomenologisch die Aktivierung der neurobiologischen Bahnen für Wut unterscheiden lässt von projektiver Angst. Im Vergleich hierzu waren in der Präsentation von Irene und Atessa die Phänomenologie und die Kriterien für  eine gesunde, nicht beschädigte Abwehrorganisation zu studieren und auch zu spüren.

Wieder ein bisschen mehr verstanden! Mit diesem zufriedenstellenden Gefühl bin ich Samstagnacht heim nach Bayern geflogen :)
Danke schön allen Beteiligten!

Ursula Sporer, Regensburg