Was gibt dem Therapeuten die Sicherheit, dass der Patient seine Impulse kontrolliert und dass dieser nicht doch einen Impulskontrollverlust mit tätlicher Aggressivität, gerichtet auf den Therapeuten, entwickelt? Wieso fürchten die IS-TDP-Therapeuten eine solche Reaktion nicht?

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In der IS-TDP ist das Monitoring der Angsttoleranz von ebenso großer Bedeutung wie die Differenzierung von Fühlen und Handeln. Angsttoleranz beschreibt die Fähigkeit des Patienten, Spannung auszuhalten. Eine Überforderung der Angsttoleranz führt dazu, dass es zu einer Abreaktion der wütenden Gefühle kommen kann, wie dies bei einer tätlich-aggressive Handlung der Fall ist. Die Fähigkeit, seinen wütenden Gefühlen zu begegnen und diese auszuhalten, stellt die Grundlage von Impulskontrolle dar. Zu affektiven Abfuhrhandlungen kann es lediglich kommen, wenn keine ausgereifte Angsttoleranz vorliegt. Deshalb ist die Diagnostik der Angstzeichen von entscheidender Bedeutung. Zeichen für eine mangelhafte Angsttoleranz während der Sitzung sind vegetative Reaktionen wie z.B. Schwindel, oder eine Mitreaktion des Magen-Darm-Traktes (Stuhldrang). Wenn in der Anamnese des Patienten Hinweise für Impulskontrollstörungen und explosive affektive Abreaktionen zu finden sind, so kann man ebenfalls von einer mangelhaften Angstkapazität ausgehen. Das Monitoring der Angsttoleranz ist von größter Wichtigkeit. Werden die Zeichen einer reduzierten Angsttoleranz missachtet, kann es zu Abfuhrhandlungen oder auch zu  Symptomprovokationen kommen. Abfuhrhandlungen während der Sitzung zeigen sich z.B. in extensivem nervösem Wackeln mit den Beinen oder ein nervöses Klopfen auf die Stuhllehne oder hektisches Kaugummikauen und vieles mehr. Diese Abreaktionen sollten vom Therapeuten aktiv unterbunden werden. Symptomprovokationen sind z.B. die Verschlechterung eines Colon irritabile, das Auftreten von Bronchialspasmen, Schwindel oder dissoziativen  Phänomenen.

Bei ausreichender Angsttoleranz des Patienten braucht der Therapeut keine bedrohlichen affektiven Abreaktionen, wie z.B. einen tätlichen Angriff, zu fürchten.

Wenn der Therapeut Angst vor den Gefühlen des Patienten hat, so fördert dies via projektiver Mechanismen die Angst beim Patienten, der dann seine Gefühle umso mehr abwehrt. Der Prozess kann in eine Sackgasse geraten oder der Patient reagiert mit Abwehrhandlungen. Die Ängste des Therapeuten während der Therapiesitzung sind sehr hinderlich. Diese Ängste können durch Selbsterfahrung in der Methode und durch das zunehmende Vertraut-werden mit den eigenen verdrängten Gefühlen abgebaut werden.

Ängste des Patienten vor Kontrollverlust müssen in der Therapiesitzung aufgenommen werden. Der Patient wird aufgeklärt, dass die therapeutische Aufgabe darin besteht, verdrängte Gefühle zu erleben und dass es in keinem Fall darum geht, Gefühle unkontrolliert auszuleben („abzudampfen“).Der Patient soll verstehen, dass Fühlen und Handeln zweierlei ist.